Kategorie: Ritual

  • Die große Ordnung

    Die große Ordnung

    Eine Form. Ein Abdruck. Eine Geste der Hingabe.

    Mit dem Einatmen wird ein Holzstück mit Tusche benetzt.
    Mit dem Ausatmen überträgt es eine Spur – nicht zur Erklärung, sondern zur Beruhigung.

    Dieses Ritual ist für all jene Momente gedacht, in denen der Kopf zu laut wird.

    Wenn große Fragen zu kreisen beginnen – hilft manchmal nicht eine Antwort, sondern eine einfache Bewegung.


    Materialien

    Wie immer im FORMKIT, ergänzt durch:

    • ein kleines Holzstück (z. B. ein Restholz, glatt, rechteckig oder unregelmäßig)
    • Hahnemühle Skizzenpapier oder normales Papier
    • schwarze Tusche (nach Gefühl mit Wasser verdünnt), alternativ kann hier auch einfach mit Wasserfarben gearbeitet werden
    • Wasser
    • Pinsel
    • weiche Filzunterlage

    So geht’s

    1. Bereite deinen Ort vor.
      Lege das Papier auf die Filzunterlage. Mische Tusche und Wasser nach Gefühl (alternativ auch Wasserfarben) – kräftiger oder weicher. Stelle Wasser bereit.
    2. Holzstück aktivieren.
      Benetze das Holzstück vollständig mit Wasser – so, dass es leicht durchtränkt ist.
    3. Atmen & Auftragen.
      Tusche mit dem Pinsel aufnehmen.
      Trage die Tusche gleichmäßig oder spontan auf eine Fläche des Holzstücks auf.
    4. Mit dem Ausatmen:
      Drücke das Holzstück auf das Papier.
      Lass dich führen von Neugier, nicht von Planung. Die Abdrucke können klar sein oder weich verlaufen – je nachdem, wie viel Wasser oder Tusche du benutzt. Jeder Druck ist eine Antwort, die keine Worte braucht.
    5. Wiederhole nach Gefühl.
      Mehr Tusche, weniger.
      Mehr Wasser, weniger.
      Du kannst das Holz zwischendurch trocknen, neu befeuchten, umdrehen.
      Es geht nicht darum, ein Muster zu wiederholen – sondern darum, eine innere Ordnung sichtbar zu machen.

    Kulturelle Spurensuche

    In vielen alten Kulturen wurden Stempel genutzt, um das Unerklärbare zu ordnen – in Symbolen, Textilien, Ritualobjekten.


    Wiederholung beruhigt. Form „heilt“.


    Tägliches Ritual

    Dieses Ritual lädt ein, einfach etwas abzulegen.
    Nicht im Kopf, sondern auf dem Papier.
    Ein sichtbares Ordnungsprinzip, das nichts beweisen muss.

    „Wenn nichts zu greifen ist, drucke eine Form. Und schau ihr beim Werden zu.“

  • Zwischen rechts und links

    Zwischen rechts und links

    Eine Linie zwischen den Seiten. Eine Mitte im Moment.

    Mit dem Einatmen richtet sich der Körper auf.

    Mit dem Ausatmen setzt sich die Geste auf Papier – einfach, bewusst, wiederholbar.

    Dieses Ritual nutzt zwei Werkzeuge, zwei Hände, zwei Richtungen – und macht daraus eine meditative Linie der Verbindung.

    Es geht nicht um Kunst, nicht um Wirkung. Es geht ums Zentrieren durch Handlung – eine Serie von Markierungen, eingebettet in den Rhythmus der Atmung.


    Materialien

    Alles, was du brauchst, findest du im FORMKIT – ergänzt um eine Sache:

    • normales Papier in Wunschgröße (für klare Konturen – die Tische zieht weniger ein
    • eine weiche Filzunterlage
    • Wasser im Wasserglas
    • ein kleines Gefäß zum Mischen der Tusche (z.B. WECK Glas)
    • leicht verdünnte Tusche (1 Teil Tusche : 3 Teile Wasser)
    • kleine Pipette für Tusche
    • große Pipette für Wasser

    So geht’s

    1. Bereite deinen Ort vor. Lege das Papier auf die Filzunterlage. Tusche und Wasser bereitstellen.
    2. Atmung aktivieren. Tipp für den Atemrhythmus: Einatmen auf 4, Ausatmen auf 4. Beim Einatmen: Pinsel in die Tusche tauchen. Beim Ausatmen: einen einzigen Abdruck auf dem Papier setzen.
    3. Rechte Hand – erste Reihe. Starte oben links. Mit der dominanten (z.B. rechten) Hand eine Reihe von Pinselmarkierungen setzen – immer im 4/4-Rhythmus von Atem und Geste.
    4. Linke Hand – zweite Reihe. Dann wechseln. Jetzt arbeitet die linke Hand – dieselbe Abfolge, dieselbe Atmung. Eine Reihe unter der ersten, gespiegelt in Haltung und Aufmerksamkeit.
    5. Beide Hände gleichzeitig – dritte Reihe. Jetzt kommen Pipette (linke Hand) und Pinsel (rechte Hand) gleichzeitig zum Einsatz:
      • Beim Einatmen: beide Werkzeuge vorbereiten.
      • Beim Ausatmen: gleichzeitig auf das Papier geben – linker Papierrand einen Wassertropfen, rechter Papierrand eine Tuschemarkierung. Wiederholen, bis sich beide Bewegungen in der Mitte treffen.
    6. Werkzeugwechsel – vierte Reihe Tausche die Hände: Pinsel links, Pipette rechts. Entweder in der Mitte beginnen – oder wieder außen, neu aufbauen. Der Wechsel öffnet neue Bewegungen, neue Wege im Körper.
    7. Im Nachgang mit dem Pinsel: jeweils einen kleinen, leichten Tupfer in die Wasserstellen setzen. Beobachte, wie sich die Tusche darin marmorartig verteilt – wie ein inneres Echo der Verbindung.

    Warum das wirkt

    Dieses Ritual aktiviert beide Körperhälften – und damit beide Gehirnhälften.

    Eine sanfte Form der Selbstregulation, bekannt z. B. aus aus achtsamkeitsbasiertem Bewegungstraining.

    Wenn rechte und linke Seite gleichmäßig angesprochen werden, entsteht kann eine neue Form von Balance:

    körperlich, emotional, energetisch.


    Tägliches Ritual

    Es geht nicht ums Ergebnis.

    Es geht um die Wiederholung – und darum, dass jede Markierung ein Atemzug ist.

    Ein bewusster Punkt zwischen zwei Richtungen.

    „Zentrierung beginnt dort, wo zwei Seiten sich berühren.“

  • Die stille Mitte

    Die stille Mitte

    Tusche trifft Wasser. Wasser trifft Licht.

    Mit dem Einatmen kommst du zur Ruhe.

    Mit dem Ausatmen setzt du die Markierung aufs Papier.

    Dieses Ritual arbeitet mit Gegensätzen: Dunkel und Hell, Ausdehnung und Verdichtung, Farbe und Leere.

    Es entsteht eine energetische Mitte – sichtbar gemacht durch das Spiel von Tusche und Wasser.

    Der Effekt: eine Art innerer Resonanzraum. Der Punkt wird nicht bloß gesetzt, er beginnt zu antworten.


    Materialien

    Alles, was du brauchst, findest du im FORMKIT:

    • eine weiche Filzunterlage
    • ein Washi-Papier in deiner Wunschgröße
    • Wasser
    • ein kleines Gefäß zum Mischen der Tusche (z.B. WECK Glas)
    • verdünnte Tusche (1 Teil Tusche : 5 Teilen Wasser)
    • kleine Pipette für Tusche
    • große Pipette für Wasser

    So geht’s

    1. Bereite deinen Raum vor. Richte deinen Platz ein. Lege das Papier auf die Filzunterlage.
    2. Tusche-Mischung. Mit der kleinen Pipette nimmst du Tusche auf. Die große Pipette ist für Wasser. Mische Tusche mit Wasser im Verhältnis 1:5 (1 Teil Tusche, 5 Teile Wasser). Du erhältst eine recht flüssige, transparente Mischung – fast wie ein Schleier.
    3. Komm zur Atmung. Atme ein – finde deine Mitte und Fülle die kleine Pipette mit der verdünnten Tusche. Beim Ausatmen: setze einen einzigen Punkt mit der Pipette auf das Papier. Nicht zu schnell, nicht zu langsam.
    4. Wiederhole diesen Vorgang einige Male. Setzte mit etwas Abstand einen weitere Tuschepunkte nebeneinander – wieder mit dem Einatmen zur Ruhe kommen, mit dem Ausatmen die Geste aufs Papier bringen. Wir haben insgesamt zwei Reihen untereinander gesetzt.
    5. Spüre nach. Lass die Tusche etwas einsinken. Beobachte. Jetzt nimm reines Wasser mit der großen Pipette auf und träufle vorsichtig Tropfen für Tropfen direkt in die Mitte des Tuschepunktes. Am Besten wieder im Rhythmus deiner Ein- und Ausatmung..
    6. Beobachte das Geschehen. Die Tusche zieht sich zurück. Es entsteht eine helle Mitte, ein Gegenfeld. Manchmal bleibt ein Rand, manchmal zerfließt alles. Lass es zu.

    Das Phänomen

    Je nach Papier, Feuchtigkeit und Moment entsteht ein subtiler Widerstand – ein Gegendruck, der das Wasser und die Tusche voneinander trennt.
    Genau hier liegt die Magie: Zentrierung durch Trennung. Helligkeit durch Verdichtung.

  • Der Ensō – Japanische Kreiszeichnung

    Der Ensō – Japanische Kreiszeichnung

    An Ensō day keeps the doctor away.

    Der Ensō ist eine Kreiszeichnung aus der japanischen Zen-Kunst. Er steht für Leere und Fülle zugleich – für das Jetzt, für den Moment der reinen Präsenz. Traditionell wird ein Ensō mit einem großen Kalligraphiepinsel in einer einzigen, fließenden Bewegung auf Washi-Papier gemalt.

    In unserem FORMKIT verwenden wir dafür einen kleineren Pinsel – genauso kraftvoll, nur feiner im Ausdruck. Die Magie bleibt dieselbe: ein täglicher Kreis, ein tägliches Ankommen in der eigenen Mitte.


    Materialien

    Alles, was du brauchst, findest du im FORMKIT:

    • eine weiche Filzunterlage
    • ein Washi-Papier in deiner Wunschgröße
    • Wasser (Raumtemperatur)
    • schwarze oder verdünnte Tusche (nach Tagesgefühl)
    • eine Pipetten zum Dosieren
    • einen Pinsel

    So geht’s

    1. Bereite deinen Platz vor.Lege die Filzunterlage aus, platziere dein Papier, stell ein Wasserglas bereit, nimm dir Zeit.
    2. Mische deine Tusche. Spüre kurz rein – möchtest du sie heute kräftiger oder wässriger? Nutze die Pipette, um mit Wasser zu mischen.
    3. Atme tief ein.Tauche den Pinsel in die Mischung.
    4. Mit dem Ausatmen: Setze den Pinsel bewusst auf das Papier. Führe dann in einer einzigen, ruhigen Armbewegung einen Kreis – so rund, so offen, so unfertig wie das Leben selbst. Halte den Pinsel, ohne zu kontrollieren. Lass ihn führen. Lass den Kreis geschehen.
    5. Fühle nach. Du kannst nur einen Kreis malen – oder mehrere Kreise ineinander, wie Wellen.

    Hinweis zur Geste

    Übe, die Kreisform nicht aus dem Kopf, sondern aus dem Handgelenk heraus entstehen zu lassen. Lass die Geste immer leichter werden. Der Kreis ist kein Symbol der Perfektion – er ist ein Abdruck deines Jetzt-Moments.


    Tägliches Ritual

    Man sagt, ein Ensō am Tag verändert deine Frequenz. Es geht nicht ums Ergebnis – es geht ums Ankommen. Daher auch das Sprichwort: An Ensō a day keeps the doctor away.

  • Suminagashi – Schwimmende Tusche

    Suminagashi – Schwimmende Tusche

    Wenn Wasser atmet.

    Mit dem Einatmen nimmst du Ruhe in dich auf.

    Mit dem Ausatmen berührst du das Wasser mit Tusche – ganz sanft, ohne zu tief einzutauchen.

    Suminagashi ist eine japanische Marmoriertechnik – ein Ritual der Leichtigkeit. Die Tusche kommt nicht direkt aufs Papier, sondern tanzt zuerst auf dem Wasser. Alles beginnt an der Oberfläche.


    Materialien

    Alles, was du brauchst, findest du im FORMKIT – ergänzt um zwei Dinge:

    • eine Schale mit klarem Wasser mit Platz für ein DIN A5 Papier
    • normales Papier in DIN A5 (statt Washi)
    • eine weiche Filzunterlage
    • Tusche (für dieses Ritual am besten unverdünnt)
    • ein kleines Gefäß für die Tusche (z.B. WECK Glas)
    • einen Pinsel

    So geht’s

    1. Bereite deinen Ort vor. Fülle klares Wasser in die Schale. Stell sie ruhig, auf stabile Unterlage (am besten auf deine Filzunterlage zum Schutz vor Farbspritzern). Lege Papier und Material bereit.
    2. Nimm am besten unverdünnte Tusche, oder maximal mit ein paar Tropfen Wasser gemischt – je nachdem, wie zart oder kräftig du den Effekt möchtest.
    3. Finde deinen Atem. Atme tief ein. Tauche den Pinsel in die Tusche. Mit dem Ausatmen: berühre ganz sanft die Wasseroberfläche mit der Pinselspitze. Wichtig: Nicht eintauchen. Nur ganz leicht aufsetzen, sodass die Tusche auf dem Wasser schwimmt – nicht versinkt.
    4. Beobachte das Ausbreiten.Die Tusche beginnt, sich auszudehnen. Ein fließender Kreis, eine weiche Form. Jetzt kommt der zweite Impuls: Dreh den Pinsel um und berühre mit dem Stielrücken sanft die Wasseroberfläche. Ziel ist nicht Bewegung, sondern Öffnung. Du brichst die Spannung – das klare Wasser strömt in die Tuscheschicht hinein. Formen verschieben sich, Linien lösen sich. Die Struktur atmet.
    5. Wiederhole in deinem Rhythmus. Setze daneben weitere Tuschepunkte – immer wieder im Wechsel: Tusche – Wasserbruch – Tusche – Wasserbruch. So entstehen kreisförmige Strukturen, Ringe, Muster – wie leise Resonanzen im Wasser.
    6. Papier auflegen. Wenn das Bild für dich vollständig wirkt: Lege ein normales Papier flach auf die Wasseroberfläche. Kein Druck, nur Kontakt. Warte einen Moment – und hebe es dann langsam wieder ab. Staune. Wie bei einer Fotobildentwicklung zeigt sich das kontrastreicher Abdruck. Die Tusche schmiegt sich wie von selbst an das Papier, sie versiegelt sich mit der Oberfläche. Was bleibt, ist ein Abbild der Bewegung, ein Echo der Elemente.

    Magie in Zeitlupe

    Es zeigt, wie aus Leichtigkeit Form wird – und wie wenig es braucht, um Schönheit entstehen zu lassen.

    „Ein Atemzug, ein Tropfen, ein Universum.“